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36 Jahre Konkret CD

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Heft 04 2006

von konkret

   In einer dem wenig aufregenden Gegenstand angemessenen Randglosse hatte KONKRET (3/06) ein paar Anmerkungen zu den moraltrunkenen Lohnschreibern vom "Netzwerk Recherche" fallen lassen, insonders über dessen Vorsitzenden Thomas Leif, der sich, wenn er sich nicht gerade als Chefreporter des Südwestrundfunks und Buchschreiber über die Vermischung von Journalismus und PR aufregen muß, gern mal ein paar Euro mit PR-Arbeiten zuverdient. Da ging's aber los:

"Richtigstellung zu dem Text "That's live" in KONKRET:

Bei den Informations-Veranstaltungen der öffentlich-rechtlichen Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium Rheinland-Pfalz handelt es sich um öffentliche, kontrovers und plural besetzte Diskussionen mit Publikumsbeteiligung. Einige dieser "Bürger-Foren" zu relevanten kommunal- und landespolitischen Themen - von Problemen der Konversion bis zur kritischen Würdigung einer geplanten Landesgartenschau - habe ich moderiert. Die Moderationen und Interviews erfolgten allein nach strikt journalistischen Kriterien ... Ich habe zu keinem Zeitpunkt Veranstaltungen der Sparkassen Service Gesellschaft (SSG) moderiert, wie KONKRET behauptet.

All diese Fakten wurden KONKRET rechtzeitig, schriftlich übermittelt, aber nicht zur Kenntnis genommen. Von dem Autor des Beitrages bin ich zu keinem Zeitpunkt angerufen, befragt und angehört worden.

Jürgen Leif, ein entfernter Verwandter, war ein Referent einer Veranstaltung, ohne Programmverantwortung für die Veranstaltung oder Beteiligung an der Auswahl der Gesprächspartner oder Moderatoren. Es bestehen keinerlei berufliche Verbindungen zu ihm.

Thomas Leif"

Viele Fragen läßt dieser Eiertanz nicht offen. Im wesentlichen bestätigt Leif durch seine "Richtigstellung" zum Artikel "That's Leif" (nicht "That's live", wie Leif schreibt), was behauptet worden war. Über den PR-Charakter der von ihm moderierten Veranstaltungen kann sich jeder auf der LBS-Homepage ein Bild machen. Zwar hat Leif, anders als in der Glosse zu lesen, keine Veranstaltung der Sparkassen Service Gesellschaft (SSG) moderiert. Er hat nur am 8. Juli 2003 in Birkenfeld eine Veranstaltung der LBS moderiert, in der für ein Projekt geworben wurde, dessen "Erschließungsmaßnahmen bis hin zum baureifen Land" von der SSG übernommen worden waren. Der "entfernte Verwandte" Jürgen Leif ist übrigens sein Vetter und Vorsitzender der SSG.

KONKRET hat sich in dieser Sache mit drei schriftlichen Anfragen an die Betroffenen gewandt: am 26. Januar 2006 an Thomas Leif, am 31. Januar 2006 an die Landesbausparkasse (LBS) Rheinland-Pfalz und die SSG. Leif und die SSG antworteten nicht, die LBS erst am 14. Februar 2006, nach Redaktionsschluß, und ohne ein Wort über Thomas Leif zu verlieren.

Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" aber hat ihren tapferen Netzwerker befragt, ihm jedes Wort geglaubt und in ihrer Rubrik "Die lieben Kollegen" das Schlußwort gesprochen: "Nichts dran an der Sache." Alles oder nichts - welcher Journalist kann das schon auseinanderhalten.

   Ein Leserbrief nach Berlin:

"In ,Jungle World´ vom 15. Februar schreibt Ivo Bozic über das neue Buch ,Die kollektive Unschuld. Wie der Dresden-Schwindel zum nationalen Opfermythos wurde´ von Gunnar Schubert:

,Leider betreibt er den Schwindel selbst weiter. So lesenswert die Chronik der Mythologisierung Dresdens nach 1990 ist, so verharmlosend und geradezu beschönigend ist es, wie Schubert die Rolle der DDR beschreibt, oder besser: nicht beschreibt. Aus Furcht, einer Totalitarismus-Argumentation zuzuarbeiten, fehlt das Kapitel darüber, wie DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl erklärte, das ›unsinnige Verbrechen‹ habe nur das Vordringen der Roten Armee erschweren sollen, wie sich im gesellschaftlichen Diskurs der DDR die Rede vom ›angloamerikanischen Bombenterror‹ verfestigte, wie die Befreier Deutschlands in gute Sowjets und böse Imperialisten dividiert wurden, wie Walter Ulbricht den Morgenthau-Plan als ›satanischen Irrsinn‹ der ›imperialistischen Westmächte‹ bezeichnete. Und so bestätigt sich am Ende leider der Reihentitel, den der KONKRET-Verlag wählte: ›Propaganda‹.´

Weshalb Bozic seiner Glosse den Titel ,Der Schwindel geht weiter´ gegeben hat. Es ist aber Bozic, der die Leser beschwindelt: In jedem zweiten der 22 Kapitel seines Buchs kommt Gunnar Schubert auf den Anteil der DDR an der Entstehung des Dresden-Schwindels zu sprechen, er schreibt von "der Schuld der DDR-Staatspolitik am ehernen Bestand von Lügengeschichten", führt den stellvertretenden Vorsitzenden des DDR-Ministerrats mit seiner Lüge vor, "mehr als 300.000 friedliche Menschen" seien im Februar 1945 in Dresden umgekommen, eine jener Zahlen, von denen Schubert sagt, sie seien zu ,niederen Zwecken ... schon mal hochgefahren´ worden. Und wie als Prophylaxe gegen Bozic zitiert Schubert, was die DDR-Behörden 1967 an die Ruine der Frauenkirche gemalt hatten: ,Zerstört durch anglo-amerikanische Bomber / Ihre Ruine erinnert an Zehntausende Tote / Und mahnt die Lebenden zum Kampf / Gegen imperialistische Barbarei´ - alles, was der Schwindler anmahnt, ist beisammen - bis auf Ulbrichts Tirade gegen den Morgenthau-Plan, von der Schubert vielleicht dachte, sie sei in einem 168-Seiten-Band über den Dresden-Schwindel entbehrlich.

Wir kochen alle mit Wasser, und manchmal verschüttet einer was. Und wenn hier schon so hingebungsvoll Zivilgesellschaft gespielt wird: Wie wär's, wenn die Redaktion und ihr Autor sich einfach bei Gunnar Schubert entschuldigten?

Hermann L. Gremliza"

Der Brief wurde abgedruckt, gekürzt um das komplette Zitat der Bozic-Behauptungen und zensiert um die beiden letzten Sätze, so daß aus der Aufforderung, der Empfänger möge sich entschuldigen, eine Entschuldigung des Absenders wurde. Aber es gibt ein Leben außerhalb der Redaktion, und so ging auch noch dieses Schreiben ein:

"Lieber Hermann Gremliza, tatsächlich ist die Besprechung des Dresden-Buches, der vorgegebenen Kürze geschuldet, auch reichlich verkürzt. Das tut mir leid, weil das Buch - und auch sein Autor - durchaus eine genauere Würdigung verdient hätten. Doch auch, wenn Gunnar Schubert hier und da die Verantwortung der DDR-Staatspolitik für den Dresden-Schwindel zugibt - ja, das beschreibt den Sound des Buches gut -, so ist die verharmlosende Grundausrichtung nicht zu übersehen. Das drückt sich nicht nur darin aus, daß er eben kein Kapitel, keine Chronik 1946 oder 1949-1990 eingebaut hat, wie ich es in aller Kürze kritisiert habe ...

Es tut mir ja auch wirklich leid, weil ich das Buch davon abgesehen wirklich gelungen finde, und es eigentlich dazu dienen könnte und müßte, der Geschichtsklitterung in Sachen Dresden ernsthaft das Genick zu brechen. Allerdings denke ich, ist ein Buch über den Dresden-Schwindel, in dem die Rolle der DDR so marginalisiert wird, leider selbst ein Stück Geschichtsklitterung, deshalb muß das Urteil dann so drastisch ausfallen.

Viele Grüße, Ivo Bozic"

Wirklich, wirklich, allerdings.

   Gunnar Schubert stellt sein Buch Die kollektive Unschuld. Wie der Dresden-Schwindel zum nationalen Opfermythos wurde (konkret texte 42) vor: am 3. April um 19.30 Uhr in Köln, Probebühne, Universitätsstr. 16 (präsentiert von Altneuland); am 4. April in Bonn, Buchladen Le Sabot, Breite Straße 76, um 20 Uhr; am 19. April in Lensian (Wendland), Kulturverein Schwarzer Hahn e.V., Am Rundling 1, 20 Uhr.

   "Das Schicksal? - Für gewöhnlich eine Drecksau!" lautet der Titel einer Veranstaltung des Gemischten Doppels Tomayer & Gremliza am 9. April im Polittbüro in Hamburg: Steindamm 45, 20 Uhr.

   In der Vers- und Kaderschmiede des Polittbüros wird vom 29. April bis 1. Mai jeweils um 20 Uhr eine von Thomas Ebermann für die Bühne erarbeitete Fassung der Fußball-Erzählung "Der Ordner des Endspiels oder: Der Mann von Frau Lot" von Hermann Kant aufgeführt. Die Erzählung ist in KONKRET 12/05 erschienen. Mitwirkende: Hermann Kant, Ruth Marie Kröger, Matthias Scheuring, Michael Weber und Thomas Ebermann.

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36